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«Feiern ist mehr als nur Fröhlichkeit – es ist ein Zeichen der Hoffnung»

Das 82. Oberwalliser Tambouren- und Pfeiferfest war ein voller Erfolg. Während zweier Tage standen Musik und Tradition – vielmehr aber noch Kameradschaft und Zusammengehörigkeit im Zentrum.


Hätten wir Februar oder März, wäre es statt 7.30 Uhr morgens erst 4.00 Uhr und würden wir alle frieren, dann könnte man glatt meinen, es wäre «Basler Morgestraich».

Erst vor wenigen Stunden ist die Party vom Samstagabend zu Ende gegangen. Jetzt stehen die Tambouren und Pfeifer wieder sauber herausgeputzt auf dem Festplatz – wenn auch die einen oder andern mit sehr kleinen Äuglein.


Geordnet unter Applaus erfolgen die Einmärsche der insgesamt 28 Vereine – die Oldies der Sektion Rhone marschieren mit ihrem Stammverein ein –, die sich anschliessend auf dem grossen Festplatz vor der Bühne versammeln, um den Tag mit dem gemeinsamen Spiel des Marignan-Marsches, der Walliser Hymne, zu eröffnen.


Mit dem TPV Naters eingetroffen ist auch Nationalrat Philipp Matthias Bregy (Die Mitte). Er freut sich auf einen schönen Tag. Der Morgen sei für ihn ein spezielles Momentum gewesen: «Wenn man durch Naters marschiert ist, die Leute geweckt hat – aber auch wenn man hier auf den Festplatz kommt und sieht, wie das Dorf schon auf den Beinen ist.» Da spüre man, welchen Wert die Gemeinschaft habe.


Und plötzlich mischt sich unter die Pfeifer und Tambouren eindeutig ein Paukenschlag: Mit Pauken, aber ohne Trompeten marschieren die Gäste aus dem unteren Kantonsteil ein: die Tambouren «Union Vétroz». Auch sie werden herzlich begrüsst. In Lalden ist jeder willkommen.


Auch der designierte Präsident der Mitte Schweiz. Doch Bregy winkt ab: «Hier im Wallis kann ich immer einfach nur Philipp sein», sagt er. Gibt im selben Atemzug aber zu, dass es wohl im Verlauf der frühen Montagmorgenstunden noch zum Aktenstudium kommen werde. «Aber das gehört dazu, wenn man ein solches Amt innehat», nimmt es der Natischer pragmatisch.


Pragmatismus ist auch im Rahmen der Messe gefragt. «Jetzt müsst ihr halt mit mir vorliebnehmen», erklärt Pfarrer Jean-Marie Perrig, der kurzfristig für den erkrankten Pascal Venetz einspringt. Und obwohl er selbst nach der Messe wieder weiter muss, beendet er sie unüblich mit: «Bleibet mit Gottes Segen.»


Und sie bleiben. Nicht nur für das zweite gemeinsame Zusammenspiel, nein, auch für die Veteranen, die im Rahmen des offiziellen Festaktes geehrt werden. Unter ihnen auch der 79-jährige Armin Imstepf. Er wird für seine 70-jährige Mitgliedschaft im TPV Mund geehrt. Während er am Samstag noch «in Zivil» das Konzert seines Vereins im Festzelt verfolgte, nimmt er am Sonntag in seiner Uniform am Festakt teil.


Rechtzeitig zur Ehrung lässt sich auch die Sonne wieder blicken, nachdem zuvor einige besorgte Blicke gen Himmel wanderten und tatsächlich der eine oder andere Regenschirm aufgesprungen ist.


Doch Petrus beweist weiter, dass er ein Herz für die Ahnenmusik hat. Bleibt zu hoffen, dass das Wetter bis zum Umzug am Nachmittag hält.


Insgesamt werden 42 Veteranen geehrt und ihre Leistungen zugunsten des jeweiligen Vereins mit tosendem Applaus verdankt.


Es folgen die Konzerte der einzelnen Vereine. Die Menge tobt. Irgendwo mittendrin auch der Laldner Gemeindepräsident Mike Hutter. Viel Zeit hat er nicht, denn nach seiner Ansprache in Hemd und Veston muss er so rasch wie möglich den Tenuewechsel vollziehen, weil er mit der Musikgesellschaft Lauduna Lalden im Einsatz steht.


Doch zuvor hält er noch eine kurze Ansprache mit einer klaren Botschaft: «Das Feiern gehört dazu, wie der Schmerz auch. Wenn wir aber aufhören zu feiern, dann hören wir auch auf, Hoffnung zu haben.» Es werde mit Bedacht gefeiert, so Hutter. Wenn er die Musik höre, die farbigen Uniformen sehe und in die lachenden Gesichter der Menschen blicke, werde ihm warm ums Herz. «Feiern ist nicht nur Fröhlichkeit – es ist auch Hoffnung.»


Der Tenuewechsel gelingt. Nur wenige Minuten später erklingen im Festzelt ungewohnte Töne: die einer Blasmusik. Die «Lauduna», Lalden, steht auf der Bühne und schon bei den ersten Takten des Marignan-Marsches stehen die ersten Zuhörer auf den Bänken und Tischen. Die Walliser Hymne singen sie lautstark mit.


Nicht weniger gross ist die Begeisterung beim Publikum, als vom Haupteingang des Festzeltes her die Gastgeber einmarschieren: die Sektion Rhone. Zu «Super Mario» begeben sie sich auf die Bühne und zeigen unter der Leitung ihres Musikus, Rafael Heinen, ihr ganzes Können.


Gefolgt von den knapp 100 «Oldies» der Sektion Rhone, die ihren Namen eigentlich nicht verdient haben, denn es sind auch jüngere ehemalige Mitglieder mit dabei. Auch sie bringen das Zelt zum Kochen. Der Auftritt endet mit dem gemeinsamen Ausmarsch der Sektion inklusive Oldies und Auszubildenden mit «Tschau-Schöne», besser bekannt als «Goodbye my Love, Goodbye».


Es ist Mittagszeit. Wer nicht ansteht, um etwas zu essen, zu trinken oder ein Eis zu bekommen, sucht den eher spärlich gesäten Schatten. Doch beklagen mag sich ob der Hitze und der Sonne niemand. Sie soll sich noch halten. Denn schon bald startet der grosse Umzug durch das Dorf Lalden, das sich eigens für diesen Anlass herausgeputzt hat.

Ein Verein nach dem anderen zieht ab 14 Uhr trommelnd und pfeifend durchs Dorf.


Tausende Besucherinnen und Besucher säumen die Strasse und jubeln den Vereinen zu. Nur einige der Kleinsten murren leise: «Mama, ich will nach Hause, ins Schwimmbad.» Der Wunsch ist nachvollziehbar. Doch manchmal muss man eben Prioritäten setzen.


Und dann passiert es: Der Umzug ist seit einer Stunde im Gang, als der Himmel seine Schleusen und manch ein Besucher den Regenschirm öffnet. Der Stimmung tut es aber keinen Abbruch. Wer sich auf dem Festgelände befindet, sucht Schutz in den diversen Zelten und die Vereine ziehen stramm ihren Umzug durch. Von etwas Wasser lässt sich hier niemand abschrecken.


Im Gegenteil, die Abkühlung tut gut. Hitze ist auch für den diensthabenden Samariterverein Lalden das Hauptthema, wie Einsatzleiterin Christine Truffer bestätigt: «Wir waren gut darauf vorbereitet und hatten genügend Kühlmittel dabei. Eis ist immer gut.» Aber die Besucherinnen und Besucher sowie die Tambouren und Pfeifer hätten sich selbst Sorge getragen und viel getrunken.


Sie zieht ein durchwegs positives Fazit. Während den drei Tagen seien insgesamt 21 Samariter im Einsatz gewesen. «Wir hatten einige Kontakte und einmal mussten wir den Krankenwagen rufen», aber sonst sei es ruhig geblieben.


Alles andere als ruhig verläuft die Preisverleihung. In acht Einzel- und vier Gruppenkategorien werden die teilnehmenden Tambouren und Pfeifer am Freitag und Samstag bewertet. Und obwohl alle auf einen Kranz hoffen, steht für die meisten der Plausch im Vordergrund.


Heuer gibt es aber nicht nur Ruhm, Ehre und einen Kranz zu gewinnen – die Kategoriensieger erhalten eine Patenschaft für ein Schwarznasenschaf geschenkt. Die Schafe mit Patenbedarf verbringen den ganzen Sonntag auf dem Festareal. Etwas abseits, im künstlichen Schatten.


Auch sie wurden extra für den Sonntag herausgeputzt, wie Roger Oggier erklärt. «Wir haben die Schafe gestern noch gewaschen.» Am Samstagmorgen dann, kurz vor 8 Uhr, sind die Schafe mitsamt den Vereinen eingezogen. Wie für die Tambouren und Pfeifer, die eine dicke, schwere Uniform tragen, ist auch für die wollig-fluffigen Schwarznasen die Hitze nicht nur angenehm. Doch Oggier beruhigt besorgte Tierfreunde: «Die Schafe sind hier im Schatten, sie haben genug Wasser. Ausserdem sind sie heute Abend wieder beim Schäfer im kühlen Stall.»


Während die Schwarznasen die frische Luft geniessen und geduldig darauf warten, dass sie neue Gettini und Gottini bekommen, brennt im Festzelt die Luft. Die Preisverleihung wird begleitet von lautem Johlen, Klatschen und der einen oder anderen Freudenträne. Was für ein Höhepunkt zum Abschluss des 82. Oberwalliser Tambouren- und Pfeiferfestes!


Schliesslich zeigt sich auch OK-Präsident Marco Schnydrig zufrieden. Er sei glücklich. «Es war ein wunderbarer Sonntag, das Wetter hat grösstenteils mitgespielt, wir hatten viele Besucher, wenig Zwischenfälle. Alles lief hervorragend.» Doch Schnydrig ist nicht nur mit dem Sonntag zufrieden. Er zieht eine durchwegs positive Bilanz über die ganzen drei Tage. Nicht nur der OK-Präsident ist mit dem Fest zufrieden, auch die Festbesucher und Teilnehmenden sind mit dem OK zufrieden. Mindestens neun von zehn Punkten würden die meisten vergeben, manche sogar zwölf.


Nach dem Fest wartet auf die Helfenden viel Arbeit, denn alles, was aufgebaut wurde, muss auch wieder rückgebaut werden. Aber nicht mehr heute. Marco Schnydrig: «Wir werden am Montagmorgen mit Aufräumen anfangen. Heute schicken wir unsere Leute heim zum Schlafen. Wir sind alle auf dem Nuggi.»


Text: Monika Bregy, pomona.media (Medienpartner der Sektion Rhone)


 
 
 

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